Die allgemeine Vorstellung von Trauer sagt, dass wir erst geschockt, dann verzweifelt oder traurig sind – was dann nach und nach abebbt. Im Umkehrschluss hieße das: Trauer wird leichter mit der Zeit, das zweite oder dritte Jahr ist einfacher als das Erste. Das mag für manche Leute stimmen, ist aber nicht immer so. Trauer verläuft nicht linear; eine besonders harte Welle kann uns auch nach einiger Zeit treffen.
Wenn du deinen eigenen Bedürfnissen und Gefühlen im Trauerprozess nachgehst, dann trauerst du für dich richtig – und das ist alles, was zählt. Es geht allein darum, was du jetzt brauchst. Die Meinung von anderen ist irrelevant. Wenn du weinen möchtest, dann tu’ das. Wenn dir nicht nach weinen ist, ist das genauso okay! Was für dich richtig ist, ist auch richtig. Punkt.
Das ist wohl eine der verletzendsten Sachen, die man einer trauernden Person sagen kann. Trauer ist hart und aufreibend; Trauernde “stellen sich nicht an”. Zudem ist dieser Rat auch kontraproduktiv: Eigene Gefühle zu ignorieren oder zu unterdrücken führt im schlimmsten Fall zu psychosomatischen Beschwerden. Vielmehr ist wirkliche Stärke, den Trauerprozess mit allen aufkommenden Emotionen zuzulassen.
Es wäre praktisch, wenn es einen Termin dafür gäbe, wann wir einen Todesfall definitiv verarbeitet und mit der Trauer abgeschlossen haben. Trotzdem lässt sich emotionales Erleben nicht in einen Kalender pressen. Trauer braucht so lange, wie sie braucht. Und wir schließen auch nicht damit ab, sondern lernen eher, mit unserem Verlust zu leben. Das kann 2 -5 Jahre dauern. Auch wenn es länger braucht, ist das okay!
Natürlich ist jeder Mensch unterschiedlich. Viele Trauernde berichten jedoch, dass sie sich einsam fühlen, da sich viele Außenstehende aus Unsicherheit zurückziehen. Sie wissen häufig nicht was sie sagen oder tun sollen. Wenn du wissen willst, wie du Trauernde unterstützen kannst, dann gibt es hier hilfreiche Tipps.
Ja: Manche Leute fühlen sich besser, wenn sie unter Menschen gehen. Aber eben nicht alle. Und eben nicht immer. Was eine Person braucht und was für sie wichtig ist, hängt allein von einer Sache ab: Ihren Bedürfnissen an diesem Tag. Wenn sie sich auf der Couch einkuscheln und weinen mag, dann ist das okay. Vielleicht machst du ihr einen warmen Tee oder fragst sie, wie du ihr am besten beistehen kannst.
Kinder sind erstaunlich resilient. Auf den ersten Blick kann es tatsächlich so aussehen, als wenn sie “besser” mit Trauer klarkommen als Erwachsene: Sie weinen vielleicht, verbringen dann aber wieder Stunden mit scheinbar sorglosem Spiel. Vielmehr ist ihre Trauer einfach anders. Zum Beispiel zeigt sie sich oft in scheinbar grundlosen Wutausbrüchen. Mehr über kindliche Trauer erfährst du hier.
Viele Trauernde berichten über körperliche Reaktionen. Diese reichen von einem immer wieder auftretenden Schwindelgefühl bis hin zu Appetitlosigkeit, Bauch- und Kopfschmerzen oder Schlafstörungen und lähmender Erschöpfung. Und nein: nichts davon ist eingebildet. Trauer ist psychosomatisch – psychisch und körperlich.
Es gibt verschiedene Modelle, die den Trauerprozess in klar trennbare Phasen einteilen. So beginne Trauer laut mancher Modelle mit “Nicht-wahrhaben-wollen”, gehe dann in Wut über, bevor man irgendwann Akzeptanz erreiche. Bedenke, dass dies nur Modell sind. Die Realität ist sehr viel chaotischer; jeder Trauerprozess ist individuell und nicht jeder erlebt all diese Phasen oder in dieser genauen Abfolge.
Lange wurde selbst von führenden Trauerforschern die Ansicht vertreten, dass man den Verstorbenen irgendwann loslassen müsste. Dies ist mittlerweile überholt. Man muss niemanden loslassen. Du allein entscheidest, wie du mit dem Verstorbenen verbunden bleiben möchtest. So wie es sich für dich richtig anfühlt, ist es auch für dich der richtige Weg.
Wenn wir einen Trauerfall erleben, kann dies die Erinnerung an vorherige Verluste in uns wachrufen – und zwar auf eine sehr emotionale Weise. Dann hast du mitunter das Gefühl, dass du mehrere Tode gleichzeitig betrauern musst, auch wenn du vielleicht dachtest, du hättest mit einem davon schon “abgeschlossen”. Daran ist absolut nichts falsch. Gib’ deiner Trauer den Raum und die Zeit, die sie braucht.
Wenn du das Bedürfnis hast, deine Trauer allein zu bewältigen und dies wirklich am besten für dich passt, dann ist das total legitim. Aber es ist absolut kein Muss! Du bist nicht schwach, wenn du Unterstützung brauchst: Egal, ob du diese von lieben Freunden, deiner Familie oder von professioneller Seite bekommst. Alles, was dir jetzt hilft, ist gut. Auch unsere Trauerberatung Online ist gerne für dich da.