Was sonst noch Trauer auslöst

Trennungen

Wie schon gesagt: Nicht nur der Tod löst Trauer in uns aus. Der Verlust eines uns wichtigen Menschen kann uns genauso treffen, ohne dass der Mensch dabei tatsächlich gestorben ist. Es reicht schon, wenn er oder sie unwiderruflich aus unserem Leben verschwunden ist.

Dies ist oft der Fall, wenn jemand eine Beziehung abrupt beendet, eine Scheidung ansteht oder eine enge Freundschaft in die Brüche geht. Und ja: Je nachdem, wie die genauen Umstände sind, kannst du auch einen “nicht-tödlichen” Verlust als Trauererfahrung wahrnehmen und durchläufst dann einen ähnlichen Prozess wie Menschen, die einen Todesfall betrauern. Auch das ist sehr schmerzhaft und braucht Zeit – teils sogar sehr lange.

Verlust von körperlichen Fähigkeiten

Ebenso muss ein Verlust, der Trauer in uns auslöst, nicht zwangsläufig das Ausscheiden eines anderen Menschen (oder Haustieres) aus unserem Leben bedeuten, egal ob durch Tod oder Trennung. So können wir auch von tiefer Trauer erfasst werden, wenn wir einen Teil von uns selbst verlieren.

Was meinen wir mit “einen Teil von uns selbst verlieren”?

Dies kann sich auf körperliche Fähigkeiten beziehen. Stell dir vor, du hast einen schlimmen Unfall und bist nun querschnittsgelähmt oder verlierst dein Augenlicht. Derartig einschneidende Erlebnisse in deinem Leben sind nicht nur schockierend, sondern auch weitreichend in dem, was sie für unsere Zukunft heißen. Wir betrauern dann also nicht nur das, was wir verloren haben, sondern müssen über den Trauerprozess erst einmal ausloten, wie wir von nun an weiterleben, was dies alles bedeutet. Und natürlich: Wer wir nun eigentlich sind.

Verlust von Rollen, Aufgaben und Identitäten

“Wer bin ich jetzt eigentlich?” ist eine der wichtigsten Fragen in der Trauerbewältigung, gerade wenn wir etwas betrauern, das wir nun nicht mehr sind. Denn wir können ebenso trauern, wenn wir eine Aufgabe oder eine Rolle verlieren, mit der wir uns sehr stark identifiziert haben – die also nicht nur funktional ein wichtiger Teil unseres Lebens war (etwa ein Job zum Geldverdienen) sondern etwas ganz Essentielles darüber aussagt, wie wir uns selbst sehen und verstehen.

Ein richtiger Trauerprozess kann in Gang kommen, wenn jemand zum Beispiel aus dem Arbeitsleben ausscheidet und in Rente geht. Ja: Eigentlich soll es eine schöne Erfahrung sein, nun nicht mehr (fast) jeden Tag für sein Geld arbeiten zu müssen und sich stattdessen auszuruhen und den angenehmen Dingen des Lebens zu widmen. Und doch ist das nicht so einfach für viele frischgebackene Pensionäre. Häufig kommen Fragen auf: “Wer bin ich eigentlich, wenn ich nicht mehr arbeite? Bin ich überhaupt noch wichtig, wenn ich kein Unternehmen mehr führe? Was ist eigentlich mein Platz in dieser Welt, wenn ich nicht mehr in meinem Job als Krankenpfleger jeden Tag für Menschen da bin?” Auch dieser Trauerprozess braucht Zeit.

Eine weitere Situation, die Trauer auslösen kann, ist auch das Ausziehen der erwachsenen Kinder. Manche Eltern erleben dies als sehr schmerzhaft und brauchen einige Zeit, um sich neu auszurichten. Denn schließlich sind es nicht nur die Kinder, die in ihr eigenes Leben starten und vielleicht in Distanz zu uns gehen, sondern es ist auch die eigene Rolle, die wir neu überdenken müssen. Mögliche Gedanken sind: “Was bedeutet es, dass dieses Kapitel nun unwiderruflich vorbei ist? 18+ Jahre war dies das Zentrum meiner Welt und all meinen Handelns, ich war vor allem Mutter/Vater, aber nun ist da nichts, wenn ich nach Hause komme…”

Genauso trauern manche Leute, wenn sie gerne Eltern werden würden, aber es dann nach einer langen Reihe von Kinderwunschbehandlungen dann doch nicht klappt – und sie sich nicht nur vom Traum eines Kindes, sondern ebenso von der gewünschten Rolle als Mutter oder Vater verabschieden müssen. Auch das kann emotional sehr belastend sein und ist ein absolut legitimer Grund zu trauern.

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